25.11.11

Marktwirtschaftslehre vs. Volkswirtschaftslehre


In den meisten Lehrveranstaltungen der Volkswirtschaftslehre geht es vor allem um eins: den Markt. Dazu passend wird in einigen einführenden Lehrbüchern der Volkswirtschaftslehre - selbige auch als Lehre vom Markt ausgewiesen. Nur warum nennt man die Volkswirtschaftslehre nicht auch einfach Marktwirtschaftslehre? Selbst in Veranstaltungen bspw. zur Institutionenökonomik wird immer wieder der Bezugspunkt zum Markt gesucht. Aber warum das Ganze? Oder anders formuliert: was haben ein Wochenmarkt, eine Wertpapierbörse, E-Bay wirklich gemein, dass sie alle in die Kategorie Markt gesteckt werden. Die triviale Antwort darauf kann wahrscheinlich jede/r Ökonomie-Erstsemerster geben: irgendwie treffen da halt eine wie auch immer geartete Nachfrage und Angebot aufeinander. Nur ist das wirklich erhellend? Wäre es nicht wesentlich erkenntnisträchtiger diese ganz unterschiedlichen Formen des wirtschaftlichen Austausches in ihren jeweiligen Spezifika zu untersuchen? Sicherlich gibt es Gemeinsamkeiten zwischen einem Arbeitsmarkt, einem Kartoffelmarkt und einem Finanzmarkt, aber sind es nicht vielmehr die Unterschiede die entscheidend sind? Die Volkswirtschaftslehre sollte wegkommen von der Manier mit ein und demselben Konzept ganz verschiedene wirtschaftlichen Austauschverhältnisse erklären zu wollen. Vermeintliche und tatsächliche Probleme eines Austauschverhältnisses sollten nicht pauschal, wie es leider allzu oft in der Volkswirtschaftslehre geschieht, auf andere übertragen werden. Ein Beispiel: Gewerkschaften werden gern mit einem mehr oder weniger normalen Monopol verglichen. Das trägt aber dem Organisationscharakter einer Gewerkschaft mit einer großen Mitgliedschaft im Gegensatz zu einem Monopol in einer Industrie, mit einem Unternehmen mit relativ kleinem Vorstand, wenig Rechnung. Macht dies einen Unterschied? Das muss unklar bleiben, solange die Volkswirtschaftslehre nicht die Unterschiede auf ihre Forschungsagenda setzt. Aber wäre dies nicht gerade ihre Aufgabe als Wissenschaft? Vielleicht liegt die Lösung vieler wirtschaftlicher Probleme gerade in den Unterschieden und nicht in den vermeintlichen Übereinstimmungen. Und vielleicht sollte gerade deshalb der ganze Lehransatz grundlegend geändert werden- nicht die Gemeinsamkeiten (Nachfragekurve hier-Angebotskurve da, fertig ist unserem Marktanalyse) sondern die Unterschiede.

21.11.11

Die Krise der VWL

Der Beitrag des ZDF zur "Krise der VWL"  enthält typische Argumentationsmuster, findet aber nicht den Kern der Problematik. Die Forschung und Lehre der VWL scheitert und scheiterte an Krisen schon allein deshalb, weil sie kritischen Argumentationen und differenzierten Herangehensweisen in ökonomischen Fragestellungen nicht (mehr) zugänglich ist. Neoliberale Grundmuster werden ohne Gegenmeinungen in der Raum gestellt und wieder und wieder reproduziert- in mathematischen Darstellungen und in allgemeiner Sprache. Andere Ansätze werden, wenn überhaupt, maximal am Rande erwähnt. In der Lehre gibt es kaum bzw. keine Diskussionen. Geschichte der Wirtschaftswissenschaften-Fehlanzeige! Seminare über konkurrierende Theorien der Wirtschaftenswissenschaften (z.B. Hayek versus Keynes, Müller-Armack versus Marx...) - ach wozu? Wirtschaftsethik- nur im Rahmen von "Corporate Social Responsibility" (unternehmerischer Mitverantwortung). Erkenntnistheorie- was für Kulturwissenschaftlerinnen! Auch die Kommunikation zwischen Lehre und Forschung- mäßig. Wie soll da auch was sinnvolles rauskommen. Die VWL muss rauskommen aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit, wenn sie wieder einen relevanten Platz in Gesellschaft, Politik und letzenendes auch in den anerkannten Wissenschaften haben will.