08.02.11

Leiharbeiter und Risiko

Wieso, bitteschön, werden bei uns Leiharbeiter/innen schlechter bezahlt? Aus neoklassischer Sicht ist das eigentlich nicht zu begründen! Leiharbeiter sollen eigentlich dazu dienen Auftragsspitzen abzufedern. Sie werden also dann eingesetzt, wenn es für kurze Zeit ungewöhnlich viel im Unternehmen zu tun gibt, so dass die Arbeit nicht von den regulär Beschäftigten abgegolten werden kann und neue (Fest-)Anstellungen unpraktibel erscheinen. Leiharbeiter/innen haben somit eine Zusatzfunktion: sie decken das Risiko der Unternehmen, für kurze Zeit mehr Personal zu benötigen als ursprünglich vorgesehen/ geplant war, ab. Firmen, die Leiharbeiter ausleihen, bieten somit eine Art Versicherung für Unternehmen an. Diese Versicherungsleistung muss - ganz im Markwirtschaftlichem Sinne- bezahlt werden. Wie die "Verleihfirma" den Betrag kalkulieren sollte, lässt sich anhand einer/s exemplarischen/r eines/r Leiharbeiter/in demonstrieren: eine Person beschließt- aus welchen Gründen auch immer- (freiwillig) Leiharbeiter/in zu werden.
Sie/Er kalkulliert: "Ich möchte weiterhin monatlich das zur Verfügung haben an Einkommen, was ich bisher hatte. Nun kann es aber sein, dass ich einige Monate im Jahr nicht arbeite, weil kein Unternehmen Interesse an mir als Leihkraft hat. Also muss ich in der restlichen Zeit, in der ich ausgeliehen werde, den Ausfall durch einen höheren Lohn kompensieren, um über die Runden zu kommen."
In der Summe ergibt sich:  
Leiharbeitslohn = bisheriger Lohn plus anteiliger Aufschlag für die Zeit, in der er/sie nicht ausgeliehen wird und keinen Lohn erhält.
Theoretisch muss die/der Leiharbeiter/in also einen Risikoaufschlag mit einkalkulieren. Dieses Risiko muss das Unternehmen, dessen Risiko des kurzfristigen Personalmangels durch Leiharbeiter/innen ausgeglichen wird, dann als Leiharbeitslohn bezahlen. Also müssten Leiharbeiter/innen mehr verdienen als regulär Beschäftigte, da letztere keinem kurzfristigem Lohnausfallrisiko ausgesetzt sind!

Dennoch erhalten Leiharbeiter/innen in Deutschland in der Regel weniger Lohn für gleiche Arbeit. Leiharbeitsfirmen dienen derzeit als Auffangstelle für gekündigte Beschäftigte, die von Unternehmen nicht mehr zum (Tarif-)Lohn regulär angestellt werden. Und weil Leiharbeiter/innen billiger "eingekauft" werden können, kommt es zu solchen Auswüchsen, dass einige Unternehmen dauerhaft fast nur noch Leiharbeiter/innen haben und kaum noch regulär Beschäftigte- geschweige denn Neueinstellungen vornehmen. Dem würde ein Ende gesetzt, wenn Leiharbeiter langfristig teurer wären als regulär Beschäftigte...

1 Kommentar:

  1. dazu:
    http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=a2&dig=2011%2F02%2F19%2Fa0142&cHash=4900389a5b

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