31.05.12

Lücke im System: Ausbildung und zukünftige Entwicklung der Arbeitslosigkeit

Die Ausbildungsplatzlücke - also die Differenz zwischen Anzahl der Ausbildungsplätze und der Ausbildungsplatzsuchenden - ist ein seit Jahren auftretendes Problem. Warum ist es ein Problem:

"Dann müssen sich die (faulen und unfähigen) Jugendlichen eben ein bisschen mehr anstrengen, um einen Platz zu bekommen." lautet das gängigste Argument, warum die Lücke kein Problem sei.(siehe auch Kritik des Begriffs der "Ausbildungsreife")

Sie ist es aber doch, denn: jede/r unversorgte Ausbildungsplatzsuchende/r heute ist ein/e Arbeitslose/r morgen! Dieser simple Zusammenhang wird permanent ignoriert.

Jugendliche, die heute keine Ausbildung bekommen, gehen in sog. berufsvorbereitende Maßnahmen (die Warteschleifen), um dann auch wieder keinen Platz zu bekommen, da die Lücke ja weiterhin exisitiert. Und /oder sie bleiben auf der Suche und gehen zu Billiglöhnen irgendwo jobben, wo die Perspektive dauerhaft zu arbeiten gegen Null tendiert. Diese jungen Menschen werden älter und haben auch mit 35 keine qualifzierte Beschäftigung- geschweige denn "Gute Arbeit" . Und dann: bei schlechter Entwicklung der Beschäftigungschancen, sind sie die ersten, die arbeitslos werden. Deswegen ist die Lücke ein Problem.

Dieses Problem ist erst dann keines mehr, wenn es heißt "Auszubildungsplatzsuchendenlücke"- wenn es also mehr Plätze gibt als danach Suchende.....
Und auch erst dann haben junge Menschen eine reale Chance auch den Beruf auszuüben, für den sie glauben am besten geeignet zu sein. Dann haben sie nämlich eine Wahl!

20.02.12

Das neoklassische Modell bei J.K. Galbraith (Zitat)

"Es ist keine Geheimnis, daß das neoklassische System nicht die Wirklichkeit beschreibt.[...] Seine zunehmende Komplexität vermittelt den Eindruck der vermehrter Präzision und Genauigkeit. Auf die anfängliche Verwirrung folgt das Gefühl des Verstehens. Ist der Nationalökonom erst einmal hinreichend "in seinen Daten und Techniken befangen", kann er gesellschaftliche Konsequenzen übersehen. Da seine Aufmerksamkeit anderen Dingen gilt, kann er sogar ohne schlechtes Gewissen "ein System unterstützen, das eine große Anzahl von Menschen schlecht behandelt".[...] Wenn man den Bogen überspannt, bricht er;..." (J.K.Galbraith "Wirtschaft für Staat und Gesellschaft", Deutscher Bücherbund Stuttgart 1973, S.44-45)

26.01.12

Staatsführung als Unternehmensführung

sehr klarer Artikel dazu, was die Führung eines gewinnorientierten Unternehmens von politischer Tätigkeit unterscheidet bzw. unterscheiden sollte:
http://www.fr-online.de/meinung/gastbeitrag-mitt-romney-hat-ein-problem---seine-gier,1472602,11506832.html

25.11.11

Marktwirtschaftslehre vs. Volkswirtschaftslehre


In den meisten Lehrveranstaltungen der Volkswirtschaftslehre geht es vor allem um eins: den Markt. Dazu passend wird in einigen einführenden Lehrbüchern der Volkswirtschaftslehre - selbige auch als Lehre vom Markt ausgewiesen. Nur warum nennt man die Volkswirtschaftslehre nicht auch einfach Marktwirtschaftslehre? Selbst in Veranstaltungen bspw. zur Institutionenökonomik wird immer wieder der Bezugspunkt zum Markt gesucht. Aber warum das Ganze? Oder anders formuliert: was haben ein Wochenmarkt, eine Wertpapierbörse, E-Bay wirklich gemein, dass sie alle in die Kategorie Markt gesteckt werden. Die triviale Antwort darauf kann wahrscheinlich jede/r Ökonomie-Erstsemerster geben: irgendwie treffen da halt eine wie auch immer geartete Nachfrage und Angebot aufeinander. Nur ist das wirklich erhellend? Wäre es nicht wesentlich erkenntnisträchtiger diese ganz unterschiedlichen Formen des wirtschaftlichen Austausches in ihren jeweiligen Spezifika zu untersuchen? Sicherlich gibt es Gemeinsamkeiten zwischen einem Arbeitsmarkt, einem Kartoffelmarkt und einem Finanzmarkt, aber sind es nicht vielmehr die Unterschiede die entscheidend sind? Die Volkswirtschaftslehre sollte wegkommen von der Manier mit ein und demselben Konzept ganz verschiedene wirtschaftlichen Austauschverhältnisse erklären zu wollen. Vermeintliche und tatsächliche Probleme eines Austauschverhältnisses sollten nicht pauschal, wie es leider allzu oft in der Volkswirtschaftslehre geschieht, auf andere übertragen werden. Ein Beispiel: Gewerkschaften werden gern mit einem mehr oder weniger normalen Monopol verglichen. Das trägt aber dem Organisationscharakter einer Gewerkschaft mit einer großen Mitgliedschaft im Gegensatz zu einem Monopol in einer Industrie, mit einem Unternehmen mit relativ kleinem Vorstand, wenig Rechnung. Macht dies einen Unterschied? Das muss unklar bleiben, solange die Volkswirtschaftslehre nicht die Unterschiede auf ihre Forschungsagenda setzt. Aber wäre dies nicht gerade ihre Aufgabe als Wissenschaft? Vielleicht liegt die Lösung vieler wirtschaftlicher Probleme gerade in den Unterschieden und nicht in den vermeintlichen Übereinstimmungen. Und vielleicht sollte gerade deshalb der ganze Lehransatz grundlegend geändert werden- nicht die Gemeinsamkeiten (Nachfragekurve hier-Angebotskurve da, fertig ist unserem Marktanalyse) sondern die Unterschiede.

21.11.11

Die Krise der VWL

Der Beitrag des ZDF zur "Krise der VWL"  enthält typische Argumentationsmuster, findet aber nicht den Kern der Problematik. Die Forschung und Lehre der VWL scheitert und scheiterte an Krisen schon allein deshalb, weil sie kritischen Argumentationen und differenzierten Herangehensweisen in ökonomischen Fragestellungen nicht (mehr) zugänglich ist. Neoliberale Grundmuster werden ohne Gegenmeinungen in der Raum gestellt und wieder und wieder reproduziert- in mathematischen Darstellungen und in allgemeiner Sprache. Andere Ansätze werden, wenn überhaupt, maximal am Rande erwähnt. In der Lehre gibt es kaum bzw. keine Diskussionen. Geschichte der Wirtschaftswissenschaften-Fehlanzeige! Seminare über konkurrierende Theorien der Wirtschaftenswissenschaften (z.B. Hayek versus Keynes, Müller-Armack versus Marx...) - ach wozu? Wirtschaftsethik- nur im Rahmen von "Corporate Social Responsibility" (unternehmerischer Mitverantwortung). Erkenntnistheorie- was für Kulturwissenschaftlerinnen! Auch die Kommunikation zwischen Lehre und Forschung- mäßig. Wie soll da auch was sinnvolles rauskommen. Die VWL muss rauskommen aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit, wenn sie wieder einen relevanten Platz in Gesellschaft, Politik und letzenendes auch in den anerkannten Wissenschaften haben will.

25.09.11

Von Bankern und Psychopaten

Die NZZ titelt: "Destruktive Dynamik im Handelsraum" und berichtet von einer Studie über das Verhalten von professionellen Händeln (im Bankengeschäft), die in einer Studie schlimmeres Verhalten an den Tag legten als Psychopaten. Nun es wundert uns nicht: wenn die Profite das alles Entscheidende ist, wen interessieren da noch Menschenleben. Es werden ja auch Waffen aus Profitgründen in Kriegsgebiete verkauft. Das ist auch psychopatisch ! Die Frage ist. wie lässt sich dieses rein profitorientierte Handeln in allen bzw. vielen Bereichen der Gesellschaft ändern? Schritt für Schritt! Der erste Schritt heißt:: Gesetzesänderungen (absolutes Verbot von Waffenproduktion, Spekualtionssteuern u.a. ). Und dann weiter: denken, fühlen, Empathie erlernen.....und für den Rest fragen wir den Psychater.

09.09.11

Konjunkturspritzen für eine kränkelnde Wirtschaft

Barack Obahama  will der USA-amerikanischen Konjunktur eine Adrenalinpritze geben (siehe u.a. hier): 450 Milliarden US-Dollar! Die Kommentatoren sind sich weitestgehend einig, dass dies mehr ist als erwartet, gleichzeitig auch, dass es wohl am Ende nicht soviel werden wird. Darum geht es aber im Kern gar nicht. Die Weltwirtschaft befindet sich einer kritischen Phase und droht abzurutschen. Das gilt für die USA aber auch für Deutschland. Ob es letztlich tatsächlich wieder zu einer Rezession kommen würde, ist zwar wahrscheinlich, aber nicht ausgemachte Sache. Die Wirkung dürfte so oder so klar sein: mehr Arbeitslose, mehr schlechtbezahlte Jobs, mehr Armut in der breiten Bevölkerung.

Das geldpolitische Pulver ist verschossen
Die Zentralbanken allen voran die FED haben sich massiv gegen ein Abrutschen der Wirtschaft gestemmt und die Wirtschaft mit billigen Geld geschwemmt. Trotz der Entscheidung der EZB die Leitzinsen in der Euro-Zone zunächst auf 1,5% zu belassen, darf nicht verkannt werden das auch dies ein historisch niedriges Niveau ist. Und nach allen was wir wissen fließt diese Geld nicht in die Produktion von Gütern und Dienstleistungen und schafft somit Jobs, sondern verbleibt in den Finanzarenen. Das mag einerseits an dem fehlenden Vertrauen der Banken untereinander liegen, ganz sicher aber in einer halbwegs realistischen Einschätzung der Banken an die Gewinnerwartung der nicht-finanziellen Unternehmen. Diese ist bestenfalls eingetrübt, wenn nicht sogar negativ. In so einer Lage wird seitens der Unternehmen nicht investiert und es werden auch keine stabileren Arbeitsplätze geschaffen, wenn denn überhaupt welche geschaffen werden.

Was fehlt!
Es mag abgedroschen klingen, aber es fehlt an kaufkräftiger Nachfrage und genau das hat Barack Obahama zumindest erkannt. Diese Erkenntnis hat offensichtlich aber Seltenheitswert bei den Regierenden in Deutschland. Die öffentlichen Investitionen sind im letzten Jahrzehnt eher zurückgegangen und wer sich Schulen, Universitäten, Krankenhäuser und andere öffentliche Einrichtungen anschaut, sieht leicht das hier investiertes Geld nicht verschwendet ist und nebenbei zur Stabilisierung, wenn nicht sogar zu einem Wachstumsimpuls, beitragen könnte. Von großen gesellschaftlichen Aufgaben wie den Umbau zu einer nachhaltigen und umweltverträglichen Gesellschaft sowie die Einrichtung von flächendeckenden Breitband-Internet-Verbindung um den Anschluss an die Zukunft nicht zu verlieren ganz zu schweigen. Nebenbei dürften derartige Investitionen auch die Zukunftsaussichten der Wirtschaft zusätzlich verbessern.

Die Frage nach den Steuern und Schulden
Ja, das kostet Geld und auch eine Senkung der Steuern in den unteren und mittleren Einkommensschichten, welches offensichtlich ein Kernbestandteil der Obahama-Strategie ist, mindert erst mal die Staatseinnahmen. Und ja: wenn dort nicht dagegen gesteuert wird, führt dies zu neuen Schulden. Doch auch da sollte man Obama mal genau zuhören: es gibt auf der anderen Seite der Einkommens- und Vermögensskala Leute, die schreien mittlerweile teilweise danach besteuert zu werden. Hier mehr Steuern zu erheben, wird die Nachfrage wenn überhaupt nur gering belasten. Also selbst wenn man nicht bereit ist, mehr Schulden zu akzeptieren, gäbe es Finanzierungsmöglichkeiten. Man muss halt nur wollen und verdammt nochmal in die Offensive schreiten.

07.06.11

Entschädigung für Tomatenbauern- ein bisschen Polemik

Willkommen in der Welt der freien Marktwirtschaft. Bei Umsatzeinbußen wegen mangelnder Hygiene (oder fehlerhaftem Management) springen die Steuerzahlenden ein und entschädigen Gemüsebauer. Ich werde den Verdacht nicht los, dass das mit freier Marktwirtschaft reichlich wenig zu tun hat. Wenn VerbraucherInnen (der Staat und seine Insititutionen sind auch nur Verbraucher!) entscheiden, dass Tomaten, Gurken, Blattsalate und Sprossen nicht mehr gesund sind, dann ist das die freie Entscheidung der Verbrauchenden. Aber es darf ja kein Unternehmen darunter leiden, dass es sich diesen schrecklichen Wettbwerbsbedingungen ausgesetzt hat. Und darum müssen wir sie finanziell unterstützen. Das ist ja gerade so als würde Otfriede Normalverbraucherin den Supermarkt dafür bezahlen, dass sie heute mal keine Ohrstäbchen kauft. Dieses Gelabern von der Notwendigkeit einer "freien Marktwirtschaft" ist seit jeher ekelig.  Auf dem Arbeitsmarkt gilt es, aber in der Agarwirtschaft nicht. Aber das hat es ja noch nie, sonst hätte die EU ihren Agrarmarkt nicht so massiv unterstützt und sie tut es weiter. Wäre schön, wenn dies auch mal woanderes nicht ernst genommen werden würde: z.B. beim Kündigungsschutz, Befristungsrecht etc. Aber wir leben ja in einer "freien Marktwirtschaft". Da darf man doch nicht eingreifen!

01.06.11

wiedermal Arbeitslosenzahlen

wie bereits erwähnt: kein eigener Kommentar zu  den neu veröffentlichten Arbeitslosenzahlen. Nur ein kleiner Hinweis zu einem Interview von G. Bosbach dazu.

10.05.11

Wirtschaftsdemokratie im Bundestag

Zur Debatte von Mitbestimmungrechten in einem Ausschuss im Bundestag:
pressemitteilungen/2011/pm_1105043.html
und die Stellungnahme von Heinz Bontrup
Vor allem letztere ist sehr konkret und könnte (sollte) sofort umgesetzt werden.
Die anderen Stellungnahmen sind vielleicht auch lesenswert??

05.05.11

Kinderarmut: die Statistik ist doch egal!

Laut OECD liegt die Armut bei Kindern bei rund 12%- oder alternativ 16%. Die Statistik wurde nach unten korrigiert. Jetzt zieht das DIW nach. Angeblich liegt der Anteil armer Kinder bei so 8%. (siehe: FTD-Artikel). Rein intuitiv freut das PolitikerInnen: es sind weniger Kinder arm als angenommen, also muss man wohl weniger gegen Kinderarmut tun. Wie einfach doch die Welt ist. Ein bisschen an der Statistik drehen und schon geht es Kindern in Deutschland besser. Wenn es denn so wäre, denn: jedes Arme Kind ist eines zuviel! Ob nun ein Kind arm ist oder zehn- arm ist arm. Und "arm" heißt in Deutschland "abgeschoben, ohne Zukunft, chancenlos, ausgeschlossen...". Und genau das sollte Politiker beunruhigen, dass Kinder aus armen Familien arm bleiben werden, wenn sich nichts ändert. Aus armen Kindern werden arme Jugendliche, arme Erwachsene, arme RenterInnen. Und wieder ist zu sagen: es ist egal, wieviel Prozent der Gesellschaft finanziell Schwierigkeiten haben über die Runden zu kommen- und bei diesen oben genannten Berechnungen geht es um den rein finanziellen Aspekt. Eine Gesellschaft, die sich Millionen (oder waren es Milliarden- für Otto-Normalmensch sind das ohnehin unvollstellbare Summen) für die Rettung von maroden Banken oder für die Subvention der Atomindustrie ausgibt, darf keine Armut haben.Alles andere ist Schizophrenie. Armut gehört abgeschafft. Ob 8% oder 16%- jedes Prozent Armut ist zuviel. Und für Kinderarmut kann es nur heißen: die Statistik ist doch egal!

26.04.11

immer wieder "hoffen auf die Konjunktur"

Die Sparmaßnahmen in Griechenland haben wider allgemeiner,öffentlicher Verlautbarungen nicht zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation Griechenlands geführt. Und jetzt brechen auch noch die Steuereinnahmen ein. Upps! Wie konnte das nur passieren? Na wie wohl: der Staat als Auftrags- und Arbeitgeber ist Teil der wirtschaftlichen Entwicklung. Wenn der Staat plötzlich seine Ausgaben zurückfährt und weniger Geld ausgibt, werden die Unternehmen, die Aufträge für staatliche Strukturen ausgeführt haben, auch keine Steuern zahlen. Sie haben ja keine Einnahmen mehr. Und wenn die Löhne von ArbeitnehmerInnen des öffentlichen Dienstes eingefroren bzw. gekürzt werden, kaufen diese Menschen auch nicht mehr so viel ein- geschweige denn, dass sie größere Investitionen tätigen. Wieder fallen Einnahmen der Unternehmen aus. Keine Einnahmen für Unternehmen, keine Steuern für den Staat...Und wer glaubt, dass die fehlenenden Einnahmen durch anderen (wen?) spontan ersetzt werden können, der muss wohl auch noch an den Osterhasen glauben...Und wer auf die einsetzende Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung setzt (bzw.auf die " Konjunktur")  (siehe Artikel in der FTD: griechischer Teufelskreis ), glaubt zudem noch an den Weihnachtsmann. Aber: von nix kommt nix. Die griechische Ökonomie wird weiterhin abgewürgt. Wir sehen uns im Schlaraffenland wieder.